Das MOPO-Interview von Hans-Joachim Heist

Hamburger Morgenpost | 09.03.2012 | von Katja Schwemmers

MOPO: Was ist die größere Anstrengung: Den Choleriker Gernot Hassknecht zu spielen? Oder die Zuschauer wie Heinz Erhardt zu unterhalten?

Hans-Joachim Heist: Der Hassknecht fordert physisch mehr. Es muss authentisch sein, ich kann die Ausbrüche nicht halbherzig machen. Da geht der Blutdruck schon mal höher! (lacht)

MOPO: Das eine ist eine Rolle, die sie selber ausgefüllt und geprägt haben – für die andere gibt es ein Vorbild …

Hans-Joachim Heist: … und das ist genau die Schwierigkeit: Man wird immer daran gemessen! Da sind die Leute gnadenlos. Ich parodiere Heinz Erhardt ja nicht. Ich will ihn um Gottes willen nicht überzeichnen. Ich spiele ihn auf der Bühne.

MOPO: Wie kommt man denn auf diese Idee?

Hans-Joachim Heist: Ich habe schon als Kind seine Filme gesehen und bei Familienfesten oder in der Schule seine Gedichte vorgetragen. Das war damals cool. Ich war gewissermaßen der Klassenkasper! Später habe ich mir sehr viel von ihm auf CD angehört, alle Biografien über ihn gelesen. Sogar seine „10 Pfennig Oper“ habe ich mir gegeben und den Mann wissbegierig verinnerlicht. Heute brauche ich mich nur umzudrehen, die Erhardt-Brille aufzusetzen, seine Haltung anzunehmen und mich wieder dem Publikum zuzuwenden. Dann bin ich Heinz Erhardt!

MOPO: Was schätzen Sie an seinem Humor?

Hans-Joachim Heist: Die Haltung und die lässige, flapsige Art, wie er Pointen rüberbringt. Im Gegensatz zu den heutigen Comedians war das ein Humor, der nicht unter die Gürtellinie ging. Außerdem war er ein Meister der Wortverdrehung. Er hat mit der deutschen Sprache gespielt. Das färbt ab.

MOPO: Sie reden privat wie der Erhardt?!

Hans-Joachim Heist: Mittlerweile fange ich tatsächlich an, einfach so Worte zu verdrehen. Da wird aus „instinktiv“ schon mal „stinklinkpiv“. Oder ich sage „Metterschlingen“ anstatt „Schmetterlingen“. Das passiert. Zum Glück toleriert meine Familie diese Macke (lacht). Meine Kinder machen da auch mit.

MOPO: Haben Sie sich Heinz Erhardt auch als Mensch genähert?

Hans-Joachim Heist: Ich denke schon. Aber leider habe ich ihn nie persönlich kennengelernt. Er soll ein sehr nachdenklicher, ernster Mensch gewesen sein. Das sieht man auch an vielen Gedichten, die sich mit dem Tod beschäftigen. Die lasse ich in meinem Programm aber weg. Er war ein Workaholic, ein Arbeitstier. Und er hatte immer große, unbegründete Angst, vergessen zu werden.

MOPO: Und Sie tragen dazu bei, dass es nicht so kommt?

Hans-Joachim Heist: Ja! Das möchte ich auch. Aus vollem Herzen!

zur Hamburger Morgenpost